Nachhaltigkeit
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Nachhaltigkeit


Nachhaltiges Bauen und ökologische Standortanalyse

EINFÜHRUNG

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Neue Bühnen Frankfurt

Die Qualität der gebauten Welt spiegelt unsere Wertvorstellungen wider und verleiht unserem generellen Kulturverständnis Ausdruck. Städtebau und Architektur kommt dabei eine herausragende Bedeutung zu – sie beeinflussen fundamental die Erfahrungs- und Lebenswirklichkeit des Menschen sowie zugleich die weltweiten Energie- und Stoffströme. In Zahlen ausgedrückt verbraucht der Bausektor etwa 50% aller der Erde entnommenen Materialien und in Deutschland resultieren rund 40% der Treibhausgasemissionen aus der Errichtung und dem Betrieb von Gebäuden.

Seit einigen Jahren werden uns nun im Kontext des Klimawandels zunehmend die Endlichkeit vieler Ressourcen und die Folgen der ungezügelten Verwendung fossiler Energieträger für Mensch und Umwelt bewusst. Folglich verpflichtete sich die Weltgemeinschaft auf der UN-Klimakonferenz in Paris (COP 21, 2015), die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten und das 1,5-Grad-Ziel anzustreben. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht demnach vor, den Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 nahezu klimaneutral zu gestalten – und das Bauen steht vor grundlegenden Veränderungen.

Vor dem Hintergrund der Energie­ und Klimaschutzziele hat sich inzwischen „Nachhaltigkeit“ als Konzept für ein dauerhaft neues Naturverständnis etabliert. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft (Hans Carl von Carlowitz, 1713) und bedeutete, dass dem Wald nicht mehr Holz entnommen werden darf als nachwächst. Als integratives, globales Handlungsprinzip wurde „Nachhaltigkeit“ von den Vereinten Nationen weiterentwickelt (Brundtland-Bericht, „Our Common Future“, 1987). Hiernach wird ein Mensch-Natur-Verhältnis angestrebt, in dem der Mensch den größtmöglichen Nutzen aus der Natur ziehen kann, ohne das Gleichgewicht des globalen Ökosystems zu gefährden und auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben. Zudem gelingt es dem Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“ erstmals, einen überzeugenden Zusammenhang zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt herzustellen (das so genannte 3-Säulen-Modell).

Die einzelnen Dimensionen der Nachhaltigkeit gelten im Bauen als hinlänglich bekannt und prägten – allerdings vielfach eindimensional – die architekturgeschichtliche Entwicklung. So standen mit Aufkommen der Moderne in den 1920er-Jahren soziale Aspekte im Zentrum der Betrachtung. Durch die Industrialisierung des Bauens verlagerte sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts der Schwerpunkt auf die ökonomischen Aspekte von Gebäuden. Und ökologische Vorzeigeprojekte, die sich intensiv mit sparsamer Ressourcennutzung auseinandersetzen, sind spätestens seit den 1980er-Jahren vermehrt zu beobachten.

Heute wissen wir mehr über die Zusammenhänge sowie die notwendigen Zielsetzungen der sich abzeichnenden globalen Herausforderungen als zu jeder anderen Zeit. Aus diesem Wissen resultiert unsere Verantwortung, die Probleme wahrzunehmen, Lösungen zu formulieren und entsprechend zu handeln. Beim nachhaltigen Bauen kommt nunmehr allen am Bau Beteiligten die Aufgabe zu, die ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten zu betrachten und so zu ganzheitlichen, zukunftsfähigen Architekturen zu gelangen.

Ökologische Standortanalyse

Zusätzlich zu den funktionalen, technischen, stadträumlichen und bauwerksbezogenen Bewertungen möglicher Bühnenstandorte wurde der Magistrat auch damit beauftragt, vertiefte Untersuchungen in Bezug auf energetische, ökologische sowie ökonomische Aspekten zu erarbeiten. Dazu zählen u. a. Betrachtungen hinsichtlich:

• Schaffung von Ausgleichsflächen bei Nutzung der Wallanlagen
• Beeinflussung des Mikroklimas
• Life-Cycle-Analysis-Betrachtung (= LCA = „Graue Energie“) über 50 Jahre im Hinblick auf ökologische und nachhaltigkeitsbezogene Aspekte

Eine aufgabenspezifische Beurteilungsmatrix berücksichtigt den neusten Erkenntnisstand bei der Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gebäuden (z. B. „Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen“). Infolgedessen wird die Nachhaltigkeits-Dimension „Ökologie“ in Themen, Kriterien und Indikatoren untergegliedert, um ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit zu erhalten und die Komplexität auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Gleichzeitig ermöglichen die definierten Beurteilungsaspekte eine profunde Grundlage für eine zielgerichtete und nachvollziehbare Entscheidungsfindung.

Energiebedarf

Bereits die städtebauliche Struktur hat große Auswirkungen auf den späteren Energiebedarf von Gebäuden. Zentrale Entwurfsparameter der Standorte – wie beispielsweise Kompaktheit, Orientierung, Besonnung und Verschattung – können günstige Voraussetzungen ermöglichen, um die Prinzipien der solaren und energieeffizienten Stadtplanung umzusetzen.

Erneuerbare Energiepotenziale

Die Nutzung von lokal verfügbaren erneuerbaren Energiepotentialen trägt dazu bei den Ausstoß von klimawirksamen Treibhausgasen sowie die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren. Dabei ist künftig noch mehr darauf zu achten, dass sich die sichtbaren erneuerbaren Energiesysteme gleichermaßen funktional wie ästhetisch in den urbanen Raum einfügen. Bei einer Sanierung wäre die Nutzung erneuerbarer Energien aufgrund des höheren Energiebedarfs (schlechtere Qualität der Gebäudehülle, höheres Temperaturniveau) nur sehr limitiert, wenn überhaupt möglich. Für die fünf Standortvarianten wurde die Nutzung von Solarenergie, Geothermie, Abwärme, Abwasserwärme und Flusswasser untersucht.

Graue Energie und Graue Emissionen

Neben dem Energiebedarf im Betrieb und der Nutzung erneuerbarer Energien besteht ein großes Potential zur Reduktion von Treibhausgasen in der Betrachtung des Energiebedarfs für die Herstellung von Gebäuden – der so genannten grauen Energie. Die Ökobilanzierung ist eine Berechnungsmethodik zur ganzheitlichen Erfassung sämtlicher Umweltwirkungen (d. h. Emissionen, Ressourcenverbrauch, Energie) über den Lebenszyklus von Gebäuden. Als Betrachtungszeitraum werden zumeist 50 Jahre angesetzt. Bei der Ökobilanzierung von Neubauten liegt das Verhältnis oftmals bei rund 1/3 „grauer Energie“ und 2/3 Betriebsenergie – allerdings können sich diese Anteile gemäß der Höhe des Betriebsenergiebedarfs der jeweiligen Nutzungstypologie (z. B. Veranstaltungsgebäude vs. Wohngebäude) sowie der jeweiligen Bauweise (z. B. Holzbau vs. Stahlbetonbau) deutlich unterscheiden. Die Ökobilanzierung bei Sanierungen ist nochmals differenzierter zu betrachten: Ein saniertes Gebäude mit gleichwertigem Primärenergiebedarf im Betrieb wie ein Neubau würde im Sinne der Ressourcenschonung prinzipiell die ökologischere Variante darstellen. Doch im Falle der Bühnen ließe sich die Gebäudehülle (z. B. Dämmstoffstärken, Wärmebrückenfreiheit) und die Gebäudetechnik (Platzbedarfe, Raumhöhen, Schächte, Wärme/Kälte-Übergaben, Einbindung erneuerbarer Energien etc.) des Bestandes in der Realität nicht gleichwertig herstellen und hätte deutlich höhere Emissionen für den Gebäudebetrieb zur Folge.

Mobilitätsinfrastruktur

Die An- und Abreise bedingt einen Energieeinsatz für den Fahrzeugbetrieb und die graue Energie, die für Herstellung und Unterhalt der verwendeten Fahrzeuge und der Verkehrsinfrastruktur aufgewendet werden muss. Insofern sich der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) für An- und Abreise nutzen lässt, wird der Verzicht auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) ermöglicht und folglich weniger Treibhausgase emittiert. Alle innerstädtischen Standortvarianten sind gut bis sehr gut an den ÖPNV angeschlossen.

Ganzheitliche Betrachtung und Abwägungsgebot

Oftmals werden die Begriffe „ökologisches Bauen“ oder „energieeffizientes Bauen“ mit dem nachhaltigen Bauen gleichgesetzt – dabei behandeln sie lediglich Teilaspekte einer nachhaltigen Entwicklung. Nur in integrierten Gesamtkonzepten können die Schwerpunktthemen Mitigation (Minimierung des Energiebedarfs und Maximierung des Anteils erneuerbarer Energien) und Adaption (Anpassungsstrategien an den Klimawandel) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und baukulturellen Aspekte verknüpft werden. Zielkonflikte oder zumindest teilweise konträre Anforderungen sind dabei unvermeidbar. Unter Berücksichtigung des im Städtebau impliziten Abwägungsgebotes sollen die Untersuchungen dazu beitragen, eine nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung mit hoher Raum-, Erlebnis- und Aufenthaltsqualität umzusetzen.

Heat Island Effect

Der nicht mehr vermeidbare Klimawandel wird zu tiefgreifenden auch die Stadtgesellschaft betreffenden Veränderungen führen, die sich insbesondere auch auf den Umgang mit Boden, Wasser, Flora/Fauna auswirken und hier zur Entwicklung von Anpassungsstrategien führen müssen. Das Mikroklima wird ganz wesentlich durch die Struktur von Freiräumen und die Vegetation, durch Ausrichtung und Höhe von Bebauungen und weiteren Faktoren bestimmt. Letztlich verfügen die mikroklimatischen Bedingungen über zentrale Bedeutung für das Wohlbefinden und den Energieverbrauch der Stadtbewohner. Auf Grundlage des bestehenden Klimaplanatlasses der Stadt wurden die einzelnen Standorte mit den entsprechenden Bebauungsstudien auf ihre Klimawirksamkeit hin untersucht und bewertet. Dabei wurden das zukünftige Gebäudevolumen, die Zu- oder Abnahme von Vegetation, die zukünftige Verschattung und Durchlüftung sowie die Auswirkungen auf die umliegenden Quartiere (mesoklimatische Betrachtung) beurteilt.

Flächeninanspruchnahme

Erdreich, Wasser, Luft sowie Flora und Fauna zählen zum lokalen Umweltinventar – demnach steht die Flächeninanspruchnahme (d.h. die Versieglung von Flächen) in unmittelbaren Zusammenhang mit dem o. g. Heat Island Effect. Wird Fläche neu versiegelt, entfällt die mikroklimatisch wirksame, oft Jahrzehnte bestandene Vegetation. Natürliche Wasserkreisläufe und die Regenwasserhaltung vor Ort werden unterbrochen. Verdunstungskühlung kann nicht mehr stattfinden.

Detailliertere Informationen zu den Untersuchungsergebnissen finden Sie im Bericht der Stabsstelle „Zukunft der Städtischen Bühnen“.